Im Feedback, dass ich von meinen Leserinnen und Lesern zu meinem Blog erhalten habe, stand auch der Wunsch, etwas über „Resilienz und Routinen“ zu erfahren. Mit diesen zwei Stichworten sind mir etliche Fragen durch den Kopf gegangen, z.B.: Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Routinen, Ritualen und Gewohnheiten? Können Routinen die Resilienz steigern? Schränken Routinen nicht eher unsere Flexibilität und Spontaneität ein und wenn ja, sind sie dann nicht eher kontraproduktiv?

Aber von vorne.

Gewohnheit, Routine oder Ritual?

Die Frage nach dem Unterschied zwischen Routinen, Ritualen und Gewohnheiten ist schnell beantwortet:

Was alle drei unterscheidet, sind zwei Faktoren: die Menge der Anstrengung und Energie, die ich zum Durchführen brauche und wie bewusst ich die Handlung vollziehe. Während Gewohnheiten oft wie selbstverständlich, mechanisch und (ohne großes) Nachdenken vollzogen werden, brauche ich für Routinen und Rituale mehr Aufmerksamkeit und Energie.

Wenn wir neue, gesunde Gewohnheiten in unser Leben integrieren möchten, brauchen wir zu Beginn meist Energie und Fokus, damit wir die Handlung auch durchführen. Je länger wir dranbleiben, desto leichter und selbstverständlicher wird es für uns. Das Etablieren neuer Gewohnheiten startet also meist mit einem Ritual, das dann zur Routine und schließlich zur Gewohnheit wird. Vor geraumer Zeit habe ich z.B. beschlossen, morgens direkt nach dem Aufstehen ein bisschen Yoga zu machen. Ich habe festgestellt, dass mir das hilft, mich körperlich, gedanklich und emotional auszurichten und „hochzufahren“, damit ich fester im Sattel sitze, wenn der Alltag zuschlägt. Die ersten Tage habe ich es schlichtweg vergessen. Es war in meinen Gewohnheiten am Morgen nicht vorgesehen. Deshalb habe ich mir ein „Morgenritual“ gestrickt – eine bewusste Abfolge der Dinge, die ich morgens mache, bevor ich in den Tag starte. Dort habe ich Yoga dann mit eingeplant. Nach ein paar Wochen wurde es zur Routine, ich musste mich nicht mehr daran erinnern. Und schließlich ist es zur Gewohnheit geworden – ich vermisse es, wenn ich es nicht mache.

Resilienz-Booster Routine?

Ist es nun aber Resilienz förderlich, Routinen zu entwickeln? Ja – und zwar aus zwei Gründen:

Erstens helfen sie uns hervorragend dabei, Handlungen, Verhaltensweisen und Sichtweisen zu etablieren, die unsere Resilienz steigern können – wie z.B. regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung oder eine optimistische Haltung (oder Yoga am Morgen ;-).

Und zweitens haben wir durch gute Gewohnheiten und Routinen mehr Energie – denn wir müssen nicht mehr überlegen, was genau wir machen müssen, wann wir das machen wollen – und dann auch noch Kraft aufwenden, uns dazu zu überwinden. Vielmehr setzen Routinen Ressourcen frei, die wir nutzen können, um spontan (und gesträrkt!) auf den Wahnsinn des Lebens reagieren zu können.

Ein weiterer Resilienz-steigernder Faktor ist die Tatsache, dass wir durch Routinen unsere Selbstbestimmung steigern. Ohne gesunde Routinen werden wir zum Spielball der Umstände. Routinen helfen uns dabei, bewußt zu gestalten und zu agieren – und eben nicht nur auf äußere Gegebenheiten zu reagieren (und am Ende des Tages festzustellen, dass wir wieder nicht zu dem gekommen sind, was WIR eigentlich wollten.)

Für Routinen brauchen wir Selbstregulation – das erfolgreiche Durchführen neuer, gesunder Gewohnheiten steigert wiederum unser Selbstbewusstsein. Wir fühlen uns als  „Herr der Lage“ und sind automatisch weniger anfällig für Versuchungen und Ablenkungen.

Das Kleingedruckte

Damit wir von all dem profitieren können, brauchen wir allerdings ein paar grundlegende Eigenschaften:

Klarheit: was möchte ich ändern und wofür soll das Ganze gut sein? Dieser Punkt ist besonders wichtig, wenn wir auf die ersten Widerstände (im Außen oder in uns selbst) stoßen. Besonders in der Anfangsphase ist es hilfreich, sich immer mal wieder daran zu erinnern, warum wir diese Gewohnheit etablieren wollen. Das steigert auch unsere Entschlossenheit und unser …

Durchhaltevermögen: es dauert eine Weile, bis wir weniger Energie aufbringen müssen. Das ist ein bisschen wie im Sport: am Anfang fühlt sich alles eben ungewohnt an und hier uns da gibt’s auch Muskelkater. Je länger wir aber dranbleiben, desto leichter wird es uns fallen. Was mich zu Punkt 3 bringt:

Kontinuität: Kontinuität ist eng gekoppelt ans Durchhaltevermögen. Es bedeutet, dass wir die Routine wie geplant durchführen – egal, ob es uns leicht fällt, wir Lust haben oder eben auch nicht. Kleine Schritte sind besser als keine Schritte. Um eine neue Gewohnheit zu etablieren, braucht es im Schnitt 2 Monate – ohne Unterbrechung!

Flexibilität: Manchmal lässt sich unsere Routine vielleicht nicht genau so durchführen, wie geplant. Dann plane um! Aber lass sie nicht fallen! Etabliere Deine Routine so, dass sie sich auch anpassen lässt. (z.B.“ 3x Sport die Woche“ – statt „Montag Laufen, Mittwoch Yoga und Freitag Krafttraining.“)

Das Huhn oder das Ei?

Das Verrückte ist: ja, wir brauchen all diese Eigenschaften, um Routinen zu etablieren – das Etablieren von Routinen aber steigert wiederum genau diese Eigenschaften, die uns am Ende auch resilienter machen.

Welche Resilienz steigernde Routine könntest Du etablieren?

Sei gut zu Dir und bleib dran!

Deine Birgit